Im Rhöner Winter, wenn viele Tiere Winterschlaf und -ruhe halten, wird die Wildkatze aktiv. Nur sehr niedrige Temperaturen und Hagelereignisse bremsen den Drang nach Bewegung und Nahrungssuche im Freien. Mit Beginn der Ranzzeit im Dezember werden die Kätzinnen und Kuder zudem paarungsaktiv. Letztere streifen in den Nächten umher und versuchen mit Paarungsrufen Kätzinnen anzulocken. Alt eingesessene Kuder verteidigen ihr Revier gegenüber Jungkuder, die auf Reviersuche sind. Dabei legen die Tiere nachts viele Kilometer zurück. Da Wildkatzen Einzelgänger sind, trennen sich beide Geschlechter nach der Paarung und verbringen die Winterzeit vermehr in Erdhöhlen, in denen sie Quartier finden. Große Schneehöhen wie im Winter 2010/11 können für Wildkatze dauerhaft ein Problem sein – sie sinken tief in den Schnee ein und haben Schwierigkeiten unter der Schneedecke an ihre Hauptbeute, die Maus, zu gelangen.
Im Frühling suchen sich die Kätzinnen warme und trockene Geheckplätze für die Geburt ihrer Jungen. Oft sind Baumhöhlen, Reisinghaufen oder Wurzelteller Heimat für zwei bis vier, selten auch fünf Jungtiere. Die Jungen sind zunächst blind und völlig abhängig von ihrer Mutter, die bei Gefahr den in Tragstarre fallenden Nachwuchs in Sicherheit bringen kann. In dieser ersten Zeit droht den Wildkatzen Gefahr vor allem durch größere Beutegreifer in der Rhön wie Fuchs und Marder. Deshalb kommt es oft zum Quartierwechsel. Nach etwa sechs Wochen gibt es zur Muttermilch schon die erste Fleischnahrung – kurze Zeit später unternehmen die Katzenjungen erste Ausflüge mit ihrer Mutter in die Umgebung. Schutz finden sie in strukturreichen Buchenwäldern mit vielen Versteckmöglichkeiten. Hier kann spielend das Klettern und Verstecken geübt werden.
Im Sommer begleiten die Jungkatzen ihre Mutter auf die nächtliche Jagd. Das Nahrungsangebot ist groß in der Rhön, denn auch die Mäuse haben Nachwuchs bekommen, so dass sich die Jagd lohnt. Nach vier Monaten werden die Jungen von ihrer Mutter entwöhnt – die Stillzeit ist vorüber. In der Übergangszeit gehen die Jungen oft schon alleine los und lernen selbstständig zu jagen. Im Spätsommer neigt sich die Familienzeit dem Ende. zu.
Im September – die Jungtiere sind etwa fünf Monate alt – suchen sich die jungen Kätzinnen und Kuder ihr eigenes Revier. Die Mutter duldet sie höchstens noch am Rande ihres Streifgebietes. Bis der erste Schnee kommt sind die Nahrungsbedingungen ideal – es gibt in der Rhön viele Mäuse – die Jungtiere müssen sich nur an die menschlichen Einrichtungen wie Straßen und Siedlungen anpassen. Die Gefahr auf Streifzügen zu verunglücken ist für Jungkatzen besonders groß. Durchschnittlich aber erreichen Wildkatze im Freiland ein Alter von 7 – 10 Jahren. Auf ihrer Wanderung begegnen sie wieder anderen Kätzinnen und Kudern und der Jahreszyklus beginnt erneut.